- Mit dem Zug durch die Wüste Gobi
- Am Bahnhof von Ulan Bator – Der Nachtzug nach China
- Von Ulaanbaatar nach Tschoir: Glücksjoghurt und Waffel-Eis
- Im Bordrestaurant durch die Gobi nach Sainschand
- Grenzenlos durch die Nacht – Verschlafene Einreise nach China
- Ankunft in China und Peking
- Fazit
- Fahrpläne der Züge zwischen Ulan Bator und Peking
Mit dem Zug durch die Wüste Gobi
Die Zugfahrt von der mongolischen in die chinesische Hauptstadt ist eines der großen Highlights auf der Transmongolischen Eisenbahn. Und einer der längeren Abschnitte. Die insgesamt 1553 km zwischen Ulaanbaatar (Ulan Bator, улаанаатар) und Peking (北京) werden in etwa 28 Stunden zurückgelegt. Eine Strecke, die weitgehend durch Wüstenlandschaften führt, durch das östliche Areal der Wüste Gobi. Eine spannende Reise aus dem spärlich besiedelten Land der Nomaden in die Kapitale des bevölkerungsreichsten Landes der Erde. Auf nach China!
Am Bahnhof von Ulan Bator – Der Nachtzug nach China
Früh am Morgen geht es los. Mit einem weiteren Reisenden aus meinem Hostel teile ich mir ein Taxi Richtung Bahnhof. Die Fahrt sei bereits bezahlt – heißt es. Am Zielort angekommen, erwartet der Fahrer dennoch eine Bezahlung. 5000 Tugrik. Das entspricht etwa 1,50 € und tut uns nicht schrecklich weh. Ich bezahle den Mann mit dem gewünschten Betrag und trete schließlich das nächste Abenteuer an.

Ich bin früh und habe etwas Zeit bis zur Abfahrt um 7:30h. Auf dem Gleis wartet der Zug bereits auf die abenteuerlustigen Touris – aber vor allem auch auf jene, die aus geschäftlichen oder privaten Gründen die lange Fahrt in Zug 024I antreten. Der Zug ist offensichtlich ein chinesisches Fabrikat, und dreisprachig beschildert. Sowohl im Russischen als auch (aus weniger freien Stücken) im Mongolischen bedient man sich des kyrillischen Alphabets.

Hier fällt auf, dass sich etwa die mongolische Transkription des Namens der chinesischen Hauptstadt an die offizielle, hochchinesische Pinyin Bezeichnung Beijing (Бээжин) anlehnt, während die Russen – wie auch noch weitgehend im Deutschen üblich – die alte Transkription Peking (Пекин) bevorzugen.
Was sich hier auch andeutet: der auch im Deutschen gebräuchliche Name Ulan-Bator (Улан -Батор) für die Mongolische Hauptstadt stammt aus dem Russischen, und wird hier entsprechend abweichend von der mongolischen Benennung Ulaanbaatar (улаан-баатар) verwendet. Eine kleine etymologische Lehrstunde am frühen Morgen. Zeit es sich im Schlafwagen bequem zu machen.

Von Ulaanbaatar nach Tschoir: Glücksjoghurt und Waffel-Eis
Der Zug erscheint neuer und moderner als die bislang kennengelernten russischen und mongolischen Nachtzüge. Ich mache es mir in meinem Vierer-Abteil bequem. Und erwarteterweise bekomme ich Gesellschaft. Zwei Mädchen im fortgeschrittenen Teenager-Alter richten sich ein. Sie werden von ihrer Familie ins Abteil begleitet – ich nehme jedenfalls an, dass es sich um Eltern und Oma handelt.
Der Abschied fällt schwer und dauert an. Wird bis Abfahrt ausgereizt. Eine größere Sache, so scheint es mir. Ich nehme an, dass die beiden ihre erste große und ferne Reise antreten. Auslandssemester in China… ? Ich fühle mit der Familie, überlasse ihnen das Abteil und schaue mich im Waggon um. Mich beschleicht erneut der Eindruck, dass mich in China andere Standards erwarten werden als ich es aus Russland und der Mongolei gewohnt bin.

Die Abfahrt steht an. Der Schaffner nutzt seine Pfeife zur Erzeugung des üblichen akustischen Signals. Der Zug rollt langsam an. Und dann darf ich unerwartet eine lokale Tradition bezeugen: die Segnung des Zuges während der Abfahrt. Die Angehörigen der Reisenden warten am Bahnsteig und bespritzen den abfahrenden Zug mit allem, was ihnen zur Verfügung steht: Wasser, Milch, Joghurt, Babybrei…
Eine Geste, die den Liebsten eine sichere Reise sowie Glück gewährleisten soll. Eine schöne Szene. Auch meine Abteil-Genossinnen werden entsprechend in ihr Abenteuer entlassen. Wenn der Joghurt am Waggon landet, hat man immer noch die Tütensuppen als Proviant für die lange Fahrt. Guten Appetit!

Es geht nun konsequent Richtung Süden, mit östlichem Einschlag. Zunächst umfährt der Zug Ulaanbaatar und seine Außenbezirke. Wie bereits bei der Einfahrt aus Richtung Norden sind zahlreiche „Jurtenviertel“ am Rande der Stadt zu sehen. Ein Zeugnis von Landflucht, und häufig auch Armut. Die Urbanität weicht der Provinzialität und zunehmenden Abgeschiedenheit. Wir passieren Steppe und vereinzelte Dörfer. Bisweilen tauchen kleine Bahnhöfe auf, inklusive regional verkehrender Triebwagen und Waggons der mongolischen Eisenbahn. Futter für Eisenbahn-Nerds vor karger Landschaftskulisse.

Nach knapp vier Stunden halten wir am ersten Bahnhof auf der Route. Die Kleinstadt Tschoir (Чойр), ein ehemaliger sowjetischer Militärstützpunkt, präsentiert sich den Reisenden vor allem als lebhafter Marktplatz für Reiseproviant. Frauen warten auf den Bahnsteigen und verkaufen ihre begehrten Waren aus Einkaufswagen.

Anders als am Bahnsteig des sibirischen Barabinsk, wo sich beinah alles um geräucherten Fisch dreht, zählt hier besonders Waffel-Eis zu den großen Verkaufsschlagern. Bei westlichen Touristen wie bei Einheimischen. Auch die üblichen Softdrinks erfreuen sich ihrer etablierten Beliebtheit.
Sucht man nach etwas Lokalem, landestypisch Traditionellem, findet man auf den Bahnsteigen auch Stände für Textilien wie etwa Handschuhe und Socken, die vermutlich aus Kamelhaar gefertigt werden. In der Mongolei wird es bisweilen bitterlich kalt. Diese Ware ist daher mehr als nur ein nettes Souvenir.


Im Bordrestaurant durch die Gobi nach Sainschand
Die Landschaft wird karger und weiter. Ein Ausblick, der zum freien Sinnieren beim Blick aus dem Fenster einlädt. Ich setze mich dazu in den gemütlichen Speisewagen und bestelle einen Kaffee. Gibt es nur zum Frühstück! Einen Tee? Nur zum Frühstück! Was gibt es denn außerhalb der Frühstückszeit? Bier! Okay, Bier! So jung kommen ich und die Gobi nicht mehr zusammen.

Eine Fahrt der Sonne entgegen. Durch eine nahezu vegetationsfreie Zone, scheinbar unendlich… Das, was zu sehen ist, nehme ich streckenweise im Flimmern der Hitze wahr. Ein dynamisches physikalisches Wechselspiel in dieser ebenen Monotonie. Ich könnte es nicht mehr genießen. Eine lange Fahrt durch die Einöden, die jedoch zu keinem Zeitpunkt langweilig ist. Nicht nur wegen des Bieres, und nicht nur wegen der Gesellschaft im Bordbistro.

Ein pensioniertes niederländisches Ehepaar, das mir begeistert erzählt, alljährlich die Düsseldorfer Bootsmesse (externer Link) zu besuchen. Deren kommandierender Umgang mit dem mongolischen Service-Mitarbeiter erscheint mir arg respektlos. Man müsse „denen“ immer nur ein bisschen auf die Schulter klopfen, dann …
Keine Gute Idee. Genau derartige „Gesten“ der Überheblichkeit kommen hier nicht gut an. Der Mitarbeiter wird sauer und weist den Bootsfreund deutlich an, das respektlose Benehmen einzustellen. Klare Ansage! Eine Erinnerung daran, sich als westliche Tourist:in stets an das grundlegende Einmaleins des respektvollen Miteinanders zu halten! Ich widme mich weiter dem Bestaunen der einzigartigen Landschaft und genieße Dosenbier Nr. 2 der mongolischen Marke „Niislel“ (Нийслэл), was auf Deutsch „Hauptstadt“ bedeutet.

Am späten Nachmittag erreichen wir den Bahnhof der Wüstenstadt Sainschand, die letzte Station vor der chinesischen Grenze – noch ca. 215 km. Auch hier decken sich die Reisenden mit Erfrischungsgetränken, Eiscreme und Gestricktem ein. Das Treiben auf dem Bahnsteig wirkt vor der kargen Kulisse etwas surreal. Das traditionell ornamentierte und doch sachlich gehaltene Bahnhofsgebäude scheint den gesammelten Stolz des Ortes zu repräsentieren. Ein post-moderner Hauch von 1001 Nacht…

Wie wird sich an einem solchen Ort das alltägliche Leben abspielen? Ich beschließe, auf der nächsten trans-mongolischen Reise auch hier einen Zwischenstopp einzuplanen.

Grenzenlos durch die Nacht – Verschlafene Einreise nach China
Der Tag schreitet voran und überträgt seine Handlungsvollmacht schließlich auf die aufkommende Nacht. Wir passieren die Grenze zwischen der Mongolei und der Volksrepublik China. Kurze Abfertigung in Dsamin-Üüd (Дсамин-Үүд). Für die Ein- und (später wieder) Ausreise nach/aus China sind „Arrival Card“ und „Departure Card“ auszufüllen. Derweil finde ich mich damit ab, nun die vorerst letzten Momente in diesem faszinierenden Land zu erleben. Die interessante Architektur des Bahnhofsgebäudes vor der Kulisse des Sonnenuntergangs bietet ein schönes Finish. Wir machen rüber nach Eren Hot ( 二连浩特市), der chinesischen Grenzstadt.

Das Prozedere hier dauert einige Stunden länger. Die Einreise-Formalitäten per se sind unerwartet unkompliziert und flüssiger als beim Übergang Russland-Mongolei. Ein großer Teil der Zeit wird der Umspurung des Zuges gewidmet. In Russland und der Mongolei (wie auch in einigen anderen Ländern der russischen Einflusssphäre) fahren die Züge auf einer Breitspur von 1520 mm.
Entsprechend hatte ich bereits in Brest – an der polnisch-weißrussischen Grenze das Vergnügen, einer Umspurung der Waggons auf das neue Format beizuwohnen. China verwendet das auch in der EU übliche Regelspur-Format von 1435 mm, und so geht es für mich zurück in die eisenbahnerische Komfortzone. Es ist bereits spät in der Nacht – ich bin mit kurzen Unterbrechungen am Schlafen und bekomme von dem Schauspiel nur minutiös und schemenhaft etwas mit. Ich vertraue den Profis und lasse die Nacht sein.

Ankunft in China und Peking
Ich wache auf in der Inneren Mongolei, einer autonomen Provinz der Volksrepublik China. Aus chinesischer – und hinsichtlich des Sprachgebrauchs auch aus internationaler Sicht – gibt es eine Einteilung des mongolischen Kulturraums in den Staat Mongolei (Äußere Mongolei) und eben jene Innere Mongolei. Dies führt auf eine verstärkte Eingliederung der südlichen Region ins chinesische Kaiserreich zum Ende des 20. Jahrhunderts zurück.

Die mongolische Unabhängigkeit im 21. Jahrhundert wurde schließlich nur für die nördliche Region erlangt. Während die Mongolen in dieser Provinz nur noch etwa 17 % der Bevölkerung ausmachen, ist ihr kultureller Beitrag durchaus aus dem Zugfenster zu sehen. Vereinzelt sind Jurten vor morgendlich-vernebelten Landschaften zu sehen, die die neue optische Qualität der chinesischen Plattenbau-Skylines kontrastieren.

Bis in die frühen Mittagsstunden fahren wir durch den wüstigen, steinigen, auch bergigen Norden des Reichs der Mitte. Durch die Innere Mongolei und die Provinz Hebei (河北), was etwa in „Nördlich des Flusses“ zu übersetzen ist. Beim Blick auf die Landschaften bin ich vor allem auch aufgeregt. Darüber, dass ich es tatsächlich alleine mit dem Zug von Berlin nach China geschafft habe – nach 6 spannenden Wochen in Russland und der Mongolei.

Wir rollen in die Hauptstadt ein. Eine lange Einfahrt – durch die Vororte und die unendliche Plattenbaulandschaft. Peking gehört zu den größten Flächenstädten der Welt und kann dahingehend auch dem zuvor besuchten Moskau das Wasser reichen. Eine Megapole. Ich verlasse den Zug und durchdringe Menschenmassen auf dem Weg nach draußen. Das Zugticket muss vorgezeigt werden, um das Bahnhofsgebäude zu verlassen.

An chinesischen Bahnhöfen finden strenge Sicherheitskontrollen statt. Daran werde ich mich gewöhnen. Ich bin auf dem Hauptplatz vor dem Bahnhof Peking (北京火车站), dem ältesten und charmantesten der drei großen Fernbahnhöfe der Stadt. Ich kämpfe mich bis zur Metro-Station durch und mir gelingt es, ein aufladbares Ticket zu kaufen. Auf in die U-Bahn, auf Richtung Hostel, auf ins Abenteuer China!
Fazit
Die Zugfahrt auf der Transmongolischen Route war der letzte Abschnitt meiner Transsib-Reise von Moskau nach Peking. Hinter mir liegen 7622 Kilometer auf den Schienen der Transsibirischen Eisenbahn. Innerhalb der Mongolei waren es zwei Nachtfahrten, mit Ulan Bator als zentralem Zwischenstopp. Alle Streckenabschnitte habe ich im Kupe-Abteil der 2. Klasse (4-Bett-Abteil mit zwei unteren und zwei oberen Betten) zurückgelegt – maximal belegt mit 4 Reisenden. Auf diesem letzten Abschnitt sind wir zu dritt im insgesamt bequemen Abteil. Daher kann ich zum betörenden Klang der Schienen auch gut Schlafen.
Im mongolischen Zug gibt es daneben Abteile der 1. Klasse (2-Bett-Abteil mit einem unteren und einem oberen Bett), mit einem Sessel, einem kleinen Tisch und einer Toilette mit Dusche, die von zwei benachbarten Abteilen gemeinsam genutzt wird. Das gewährt natürlich eine gewisse Privatsphäre.

Über weite Strecken war dieser Aspekt für mich ohnehin unerheblich, denn ich verbringe die meiste Zeit bei Tageslicht ohnehin im Speisewagen. Die meisten Mitreisenden im Bistro sind jedoch westliche Tourist:innen, sodass der Austausch dort weitgehend aus der gleichen Perspektive stattfindet. Dennoch ist dieses Erlebnis einzigartig: mit Kalt- oder Warmgetränk in einem leicht kitschig eingerichteten Bistro in die Weiten der Wüste Gobi blicken.
Neben der Fahrt entlang des Baikalsees ist die Strecke Ulan Bator – Peking das große Highlight der gesamten Reise. Auch wenn du nicht unbedingt planst, die gesamte Strecke zu reisen, empfehle ich bei einem Mongolei-Besuch unbedingt die Fahrt einer Teilstrecke – z.B. zwischen Ulan Bator und Sainschand* oder Dsamin-Üüd.
*aktuell scheinen die Züge nicht in Sainschand zu halten!
Fahrpläne der Züge zwischen Ulan Bator und Peking
Ulan Bator ➜ Peking
- Zug K24 startet in Ulan Bator und fährt am Donnerstag und Samstag
- Zug K4 startet in Moskau und fährt am Sonntag
Peking ➜ Ulan Bator
- Zug K23 startet in Peking und fährt am Montag und Dienstag
- Zug K3 startet in Moskau und fährt am Sonntag
Fahrplan Zug Nr. K24 und K4 (Stand Dezember 2022)
Station | Ankunft | Abfahrt |
---|---|---|
Ulaanbaatar/Ulan Bator ![]() | – | 07:30 |
Zamyn-Uud/Dsamin-Üüd ![]() | 18:40 | 20:35 |
Erlian/ Eren Hot ![]() | 21:00 | 02:00 |
Jining South ![]() | 06:37 | 06:55 |
Beijing/Peking ![]() | 14:35 | – |
Fahrplan Zug Nr. K23 und K3 (Stand Dezember 2022)
Station | Ankunft | Abfahrt |
---|---|---|
Beijing ![]() | – | 07:27 |
Jining South ![]() | 15:27 | 15:43 |
Erlian/ Eren Hot ![]() | 20:18 | 00:59 |
Zamyn-Uud/Dsamin-Üüd ![]() | 01:25 | 02:40 |
Beijing ![]() | 14:35 | – |
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Hinweis: Alle in diesem Artikel beschriebenen Reisen wurden privat finanziert. Ich erhalte keine finanziellen Zuwendungen von in diesem Artikel genannten Unternehmen oder anderen Organisationen.