Warum nach Olchon reisen?
Etwa 330 km nordöstlich von ➟Irkutsk und auf knapp halber Höhe des Westufers des Baikalsees liegt die Insel Olchon. Sie ist die größte und einzige bewohnte Baikal-Insel und ein wunderbarer Ort, um während der Transsib-Reise ein paar Tage die Seele baumeln zu lassen, und um die fantastische Aussicht über den See zu genießen. Zudem wird Olchon von den hier heimischen Burjaten als eines der Zentren schamanischer Energie angesehen. Dieser Energie können sich auch die Besucher:innen der Insel nicht entziehen. Vielleicht erreicht nicht jeden gleich die innere Heilkraft der Schamanen – in jedem Falle aber erzeugt das einzigartige Zusammenspiel von transzendenter Symbolik und zauberhafter Landschaft eine besondere spirituelle Atmosphäre, die auch nach der Abreise noch ihre meditative Wirkung zeigt.
Am Ostufer des 72 km langen Eilands befindet sich das Dorf Chuschir (Хужир), der Hauptort Olchons und erste Anlaufstelle für touristische Unternehmungen. Praktisch direkt am Fuße des berühmten Schamanenfelsen gelegen, finden sich hier tolle Unterkünfte mit großartiger Gastfreundschaft und urigem Ambiente.
Reisebericht Olchon
Mit der Marschrutka zum Baikalsee
Auf meiner Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn bin ich schließlich in Irkutsk angekommen – dem Tor zum Baikalsee. Doch wo und wie genau komme ich nun dort hin? Ich muss mich zwischen den beiden üblichen touristischen Ausflugszielen entscheiden: Listwjanka und Olchon. Nach kompetenter Beratung fällt meine Wahl auf die Insel Olchon. Da scheinen die Meinungen nicht großartig auseinanderzugehen. Jedenfalls unter Gästen und Gastgebern in meinem Irkutsker Hostel herrscht Einigkeit: Ein ganz besonderer Ort, verspricht man mir.
An einem Busbahnhof von Irkutsk wartet um 10:00 h morgens bereits die Marschrutka (Маршрутка), ein Minibus-Sammeltaxi, auf mich und einige Mitreisende. Die Fahrt wurde für mich komplett vom Hostel organisiert und ich kann mich entspannt zurücklehnen …
Zunächst sieht es platztechnisch gut für mich aus. Der Wagen ist kaum besetzt und ich kann mir einen Platz am Fenster aussuchen. Doch leider zu früh gefreut. Nach10 Minuten Fahrt hält der Fahrer an und ich werde in eine andere Marschrutka geschickt. Und bis auf einen Sitzplatz, den Mittelplatz auf der Hinterbank, ist diese voll besetzt. Die meisten Mitreisenden sind Chinesen, die sich untereinander zumeist auf Russisch unterhalten. Ich interessiere mich für die Auswahl des sprachlichen Konversationsstandards. Hongqiao, der neben mir sitzt und auch Englisch spricht, erzählt mir, dass er und seine Kumpels Ökonomie in Russland studieren und miteinander Russisch sprechen, weil sie es eben können.
Die Stimmung ist gut, alle freuen sich auf ihre erste Baikal-Erfahrung, und mir als einzigem Wessi an Bord wird eine Menge Aufmerksamkeit entgegengebracht. Auf halber Strecke machen wir eine Pause an einer kleinen Raststätte. Bei einem guten Gläschen Tee lege ich mein Smartphone auf dem Tisch ab – sofort schnappt sich einer meiner Mitreisenden das Endgerät, um seine Nummer in meiner WhatsApp zu hinterlassen. Ich sammele also einige neue Kontakte in meinem Telefonbuch, und tatsächlich werden mir die Jungs später – wir sind auf Olchon in unterschiedlichen Gasthäusern untergebracht –nahezu im Zweistundentakt Fotos neuer Entdeckungen schicken.
Als wir uns dem Baikalsee nähern, die Landschaft wüstenartige Züge annimmt und vermehrt die bunten schamanischen Farbbänder an unterschiedlichen Konstrukten auftauchen, fühle ich mich erstmals wie in einer anderen Welt. Dies ist eine Landschaftsform, die ich noch nicht erlebt habe. Und sie erinnert mich vorausschauend daran, was ich später in der Mongolei wiederfinden würde. Diese drei Tage am Baikalsee werden ein weiteres, wenn nicht sogar das Highlight auf meiner Tour werden.
Um auf die Insel zu gelangen, müssen wir noch mit einer Fähre über eine circa 1 km breiten Seestraße gesetzt werden. Am Hafen von Sakhiurta (Сахюрта) warten wir mindestens eine Stunde und vertreiben uns die Zeit mit dem Anfertigen reichlicher Selfies und Gruppenfotos. Auch frech-emporragende Frühblüher und stur-persistierende Flechten liefere ich der floralen Neugier meiner Kameralinse aus. Nicht nur ich genieße die bunt berieselte Kargheit der Umgebung. Jeder weiß sich mit seinem Foto-Equipment an die Umgebung anzupassen. Kein Windröschen ist wie das andere …
Und dann taucht plötzlich etwas in der Ferne auf, das jeder optimistisch berauscht für das Boot hält, das uns nach Olchon bringen soll: die Fähre “Sakhiurta (MRS) – Olchon” (“МРС — остров Ольхон”). Und tatsächlich ist es eben diese Fähre, welche sich mitsamt ihres Diesel-Aromas dem Festland nähert und viele Wartende dazu veranlasst, ihre Motoren zu starten.
Unser Fahrer setzt die Marschrutka auf das Deck, wir Passagiere folgen ihm unkritisch und positionieren uns seitlich an der Reling, um sowohl nach vorn als auch nach hinten gucken zu können. Die erste Bootsüberfahrt auf meiner Route. Ich bin aufgeregt. Einige meiner Marschrutka-Genossen ebenfalls. Die Überfahrt dauert insgesamt nur 10-15 kurzweilige Minuten. Am Hafen wird noch sichergestellt, dass man sich nicht aus den Augen bzw. dem Smartphone verliert – was auch tatsächlich nicht passiert. Der Bus bringt mich daraufhin direkt zu meiner Unterkunft in der Hauptstadt Chuschir. Die gesamte Fahrt ab Irkutsk hat etwa 7 Stunden gedauert, wovon auch ein erheblicher Anteil auf die Wartezeit am Fährhafen fällt.
Chuschir – Hauptort mit freundlicher Unterkunft
Chuschir (Хужир), der Hauptort Olchons, ist genaugenommen eine ländliche Siedlung, die etwa 1350 der 1750 Inselbewohner beherbergt. Ich befinde mich also erstmals in einer wirklich abgelegenen Gegend, die tatsächlich auch erst seit dem Jahr 2005 mit Strom versorgt wird. Die Wasserversorgung erfolgt direkt über den See, ebenso wie die Abwasserentsorgung. Der Ort liegt in einer Art Tal – umgeben von flachen Hügelketten und Steilküste – und du hast aus verschiedenen Richtungen unterschiedliche Aussichten auf den Ort.
Viele, wenn nicht die meisten der Häuser sind einfache Holzkonstruktionen und über staubige, nicht-asphaltierte Straßen und Wege zugänglich. Im Ort gibt es nicht allzu viel Geschäftliches zu erkunden. Einen kleinen Lebensmittelladen suche ich auf, um mich mit Wasser und Snacks einzudecken. Eine gewisse, romantische Sentimentalität und Sehnsucht nach dem sogenannten “einfachen Leben” wird hier durchaus befeuert. Nicht zuletzt auch durch die Atmosphäre und Bewirtung in meiner Unterkunft.
Nikita’s Homestead wurde mir zuvor wärmstens empfohlen, und ich freue mich dem gefolgt zu sein. Diese Unterkunft befindet sich fast unmittelbar am Schamanenfelsen, der berühmtesten Attraktion der Insel, und entspricht für sich einem kleinen Dorf mit gemütlichen kleinen Holzhäusern. Man darf hier freilich keinen Luxus erwarten, jedoch ein authentisches und freundliches sibirisches Erlebnis. Als ich nach der Möglichkeit frage, zum Frühstück und Abendessen mit veganen Optionen versorgt zu werden, bin ich über die überaus positive – fast überschwängliche – Reaktion überrascht.
Zum einen über die Begeisterung für das Konzept der pflanzlichen Ernährung an sich, zum anderen über das tatsächliche Angebot. Es ist naheliegend, dass die lokale Ernährung vor allem auf Fisch basiert, insbesondere auf dem endemischen Baikal-Omul (Омуль байкальский). Dennoch bekomme ich interessante Alternativen mit Spargel und Soja-Röllchen serviert, bzw. am Buffet zur Verfügung gestellt. Auch das Frühstück mit ‚befruchtetem‘ Grieß- und Reisbrei ist köstlich und vermag mich für meine beiden Tageswanderungen auf der Insel ausreichend mit Energie zu versorgen.
Am Schamanenfelsen
Als ich mich zur Abenddämmerung erstmals auf das Ufer zubewege, verspüre ich ein bislang unbekanntes Gefühl des Reiseglücks und der Freiheit. Dies ist der vermutlich schönste und inspirierendste Ort, den ich bisher besucht habe. Orange-braun-leuchtende Sanddünen, geschmückt mit bunten Stoffbändern an Holzpfählen und Bäumen. Einsame Lärchen, die sich langsam von ihrem Winterschlaf erholen, vor sich allmählich enteisendem Küstenwasser – und zu hören und zu riechen sind … nichts als der frische Wind.
In diesem Moment wollen sich meine zeitweiligen Tränen nicht recht entscheiden, ob sie sich auf die Überwältigung, oder doch bloß auf die eisig herüberwehenden Windböen zurückführen lassen wollen. Ich fühle mich für die Reisestrapazen – wenn es denn solche sind – final belohnt, lege mich auf die Klippfelsen und genieße den fantastischen Sonnenuntergang.
Und dann ist da natürlich noch der Schamanenfels (скала Шаманка) am Kap von Burchan, das Heiligtum der Burjaten. Diese exponierte Haupt-Sehenswürdigkeit habe ich mir natürlich schon am Abend angesehen, und von hieraus starte ich auch am Morgen meine Freestyle-Wanderung auf der Insel. Die Burjaten, die den Großteil der Olchoner Bevölkerung ausmachen, sind eine eng mit den Mongolen verwandte ethnische Gruppe, welche das um den Baikalsee gelegene Gebiet Sibiriens lange vor dessen Eingliederung in das Russische Reich besiedelte.
Kultur und Leben der ursprünglich nomadisch lebenden Burjaten orientierte sich traditionell an einer animistisch-schamanischen Religion und Weltanschauung. Unter dem Einfluss der Mongolen konvertierten sie seit dem 19. Jahrhundert zunehmend zu einer tibetisch geprägten Form des Mahayana-Buddhismus. Noch heute zeigt sich hier eine Mischung von buddhistischen und schamanischen Traditionen und Heiligtümern. Letzteres manifestiert sich besonders am Schamanenfelsen, in dessen Höhle Legenden zufolge der „Gott des Baikals“ residiert, und der zu einem mystischen Ort für schamanische und buddhistische Rituale wurde.
Tauwetter am Baikalsee
Allein auf meiner ersten Erkundung der Umgebung Chuschirs treffe ich auf landschaftliche Vielfalt, die auch mit interessanten, gefühlten Temperatur-Unterschieden einhergeht. Tatsächlich wechsele ich mehrfach meine Kleidung: direkt am Ufer des Sees fröstelt es mich noch, während ich nach kurzem Aufstieg bereits zu schwitzen beginne. Es herrscht frühjährliches Tauwetter. Ich sehe, wie das Wasser des Sees wellenhaft versucht, die Eisschollen Richtung Land zu treiben. Bisweilen knackt es, bisweilen kreucht und fleucht es. Schollen treiben aus, trennen sich, Wasservögel landen und flanieren auf dem Eis. Ein schönes Naturschauspiel an einem einzigartigen Ort.
Exkurs: Dreibilliarden Fußbälle
Der Baikalsee ist zwar nicht der großflächigste, dafür jedoch der wasserreichste Süßwassersee der Welt. Mit einem Volumen von 23615 km3 enthält er die 490-fache Wassermenge des Bodensees und damit auch 20 % (!) der weltweiten Süßwasservorräte. Oder, um ein praktischeres Beispiel anzubieten: der Baikalsee erstreckt sich über die Fläche von 4442857 (ca. 4,4 Millionen) Fußballfeldern (Referenz: Olympiastadion Berlin) und das Volumen von 3264445673209842 (ca. 3,3 Billiarden) Fußbällen.
Die letzte Ruhe am Baikalsee
Auf einem Hügel nahe Chuschir finde ich einen kleinen Friedhof, der in Teilaspekten an osteuropäische/slawische Ruhestätten erinnert, andererseits auch mir noch fremde Merkmale zeigt. Nun ist es so, dass ich nicht weiß, wie Bestattungen auf dieser wenig besiedelten Insel geregelt werden, und inwiefern man geeignete Orte schlichtweg anhand frei verfügbarer Flächen definiert. Hier befinden sich die Gräber mitten auf einer Grasfläche und sind einzeln durch Metallzäune abgegrenzt. Der Stil der Grabsteine mit den Fotos der Verstorbenen kommt mir bekannt vor.
Hinzu kommen die Beigaben von Gläsern und Tellern an einzelnen Stätten. Offenbar kommen Angehörige zum Grab und trinken gemeinsam mit dem/der Verstorbenen, oder hinterlassen Glas und Brot als Gabe. Dies scheint ein (nicht orthodoxer) gesamtrussischer Brauch zu sein, dessen Prinzip der gestischen Versorgung mit Lebensmittel auch weder schamanistischen noch buddhistischen Traditionen widerspricht.
Entlang der Steilküsten
Am zweiten Tag laufe ich entlang der Küste in Richtung Norden. Ich wandele hier auf Sandstränden und auf Steilküsten, beobachte das Tauen der Eisschollen, und bisweilen auch das Treiben von Einwohnern, die ich nur vereinzelt in der Ferne sehe. Die leicht zu erreichende, durch die landschaftliche Weite getriggerte Einsamkeit und die Ferne von dem, was wir „Zivilisation“ nennen, ist vielleicht das Faszinierende an dieser Insel. Und so werde ich auch prompt aus meiner Ruhe gerissen, als eine Gruppe männlicher Touristen mit ihren Quads den Strand entlang brettert.
Okay … man kann sich hier also offenbar motorisierte Vierräder leihen. Ich sollte auch erwähnen, dass ich zur Nebensaison – also weder Winter noch Sommer– hier bin und anhand der mancherorts sichtbaren Hinterlassenschaften lediglich erahne, dass sich der ein oder andere hier in den Sommerferien sicher auch mal zum geselligen Umtrunk einfindet. Tatsächlich scheint es ein – auch mit dem Tourismus zusammenhängendes – Problem mit der Müllentsorgung auf Olchon zu geben. Dies betrifft sowohl Festabfall als auch Abwasser. Und mit einer sympathischen Gruppe zuverlässiger, organischer Abwasserlieferanten werde ich auch noch mein Vergnügen haben.
Wildwechsel – Die Kuh ist vom Eis
Denn ich bekomme Gesellschaft von Rinderherden, die hier frei umherwandern und weiden, die Klippen hinabklettern oder sich im kalten Baikal-Wasser frisch machen. Einige Einzelgänger:innen sind auch unterwegs und zeigen ganz entspannt und selbstbewusst ihr ungewöhnliches Talent über blankes Eis zu marschieren. Vielleicht nicht ganz elegant, aber völlig Sturz-frei. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, der mit frischem Gras oder kühlem Süßwasser belohnt wird. Einige dieser Tiere – eigentlich die meisten – sehen etwas ausgemagert aus. Dies hat den Grund, dass gefuttert wird, was auf die Wiese kommt, und das grüne Nahrungsangebot im April/Mai noch nicht ganz so reichhaltig ist.
Eine dieser Solistinnen versucht sich erfolgreich an einer großen Eisscholle mit blutroter Färbung. Ich habe nicht das Equipment dabei, dies zu analysieren, aber dabei handelt es sich wahrscheinlich um die Besiedlung von sogenannten Schneealgen, die sich mithilfe des rotfarbenen Carotinoid-Farbstoffs „Astaxanthin“ gegen die Sonneneinstrahlung schützen. Der Farbstoff wird auch wegen seiner anti-oxidativen Funktion als gesunder Nahrungsmittelzusatz gehandelt. Tja, wäre die Kuh mal auf dem Eis geblieben und hätte es nicht verschmäht – sie wäre steinalt geworden. Dann friss halt dein olles Gras, du blöde Kuh!
Reisebegegnungen – Im Bistro
Am Abend mache ich es mir noch im „Bistro Francais“, das sich auf Nikita’s Areal befindet, gemütlich und komme hier mit den Mitarbeitern ins Gespräch. Wir tauschen und über unsere Reiseerfahrungen und -pläne aus. Ich bekomme Tipps zu Vietnam und Auskunft über die Fischfaune des Südchinesischen Meeres zur Regenzeit. Ausschweifende Reisepläne wie der meine bringen immer wieder Gespräche in Gang. An Orten wie diesem Homestay ist man natürlich nicht überrascht, denn viele Leute, die einen Abstecher hier hermachen, befinden sich auf einer längeren Reise. Manche Reisende trifft man unterwegs zweimal, in verschiedenen Ländern, ohne sich zu verabreden.
Einige Orte gehören eben zu den Must-Sees unter Backpackern. So auch der Baikalsee. Ich bekomme an diesem Abend daneben noch Einblicke in das lokale Fischereiwesen und andere wirtschaftliche Besonderheiten der Insel – freilich aus erster Hand. Ich bedaure, dass dieser kurze Aufenthalt am nächsten Morgen schon wieder sein Ende finden wird. Aber so ist es, und so wird es sich die nächsten Wochen und Monate fortsetzen. Wer vieles sehen will, sieht vieles nur kurz.
Rückreise nach Irkutsk am 9. Mai
Meine Rückfahrt nach Irkutsk ist für den Morgen des 9. Mai gebucht. Erst unterwegs fällt mir auf, dass ich wohl die wesentlichen Feierlichkeiten zum Tag des Sieges verpassen werde. Ärgerlich. Nicht mitgedacht. Nun denn, es hilft ja nichts. Ich genieße die Fahrt und die letzten Blicke auf diesen mystischen Ort, auf die kargen und doch faszinierenden Landschaften, die sich mir bei dem Verlassen der Insel bieten. Und diesmal mit Fensterplatz.
Fazit und Ausblick Olchon
Nachdem ich in ➟Krasnojarsk bereits begeistert von meinem ersten sibirischen Outdoor-Erlebnis war, habe ich hier auf Olchon, am heiligen Baikalsee den vorläufigen Höhepunkt meiner Reise erlebt. Ich stelle fest, dass es eigentlich keinen Grund gibt, nicht nochmal zurückzukehren. Insbesondere in den Winter- und Sommermonaten gibt es sicher noch mehr zu sehen und zu erleben. Im Frühjahr erlebt man hier eine magische Idylle. Über weite Strecken bin ich alleine, und kann dem Eis beim Auftauen zuhören … und den Kühen bei Grasen.
Besonders nach der relativ strapaziösen Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn liefern Olchon und Baikalsee den sprichwörtlichen Balsam für die Seele … oder eben “Baikal für die Seele“.
Man sollte bei all der Romantik und Begeisterung jedoch aufpassen, nicht einer totalen Verklärung zu verfallen. Das Leben auf dieser Insel ist für viele der Einheimischen sicher kein Streichelzoo. Der zunehmende Tourismus bietet gewiss nennenswerte Ein- und Auskünfte für einige Bewohner:innen – mit den üblichen ökologischen Begleiterscheinungen. Doch gibt es nach wie vor kein fließendes Wasser, keine befestigten Straßen, und die Arbeitslosigkeit ist durch die Saisonalität der Berufe sowie durch politische Einschnitte in der Fischereiwirtschaft relativ hoch.
Mir ist abends ein betrunkener Mann auf dem Gelände der Unterkunft begegnet, der mich nach Geld fragte. Nicht aggressiv, aber bestimmt und offensichtlich in Not. Immerhin: bei meiner Ankunft wurde mir gesagt, ich müsse meinen Reisepass auf der Insel nicht mitführen. Es gäbe eh keine Polizei. Ich hielt das für ein gutes Zeichen. Offenbar wird aktuell (2021) diskutiert, eine Brücke nach Olchon zu bauen, die zumindest einige Probleme wie jenes der Abwasserentsorgung oder der Gasversorgung lösen könnte (Quelle: ольхонский-район.рф). Ich bin gespannt, wie sich die Insel im Laufe der nächsten Jahre entwickeln wird. Im Jahr 2016 erschien sie noch wie eine Fata Morgana aus einer früheren Zeit.
Reisetipps
Für die Reise nach Olchon (von Irkutsk aus) solltest du je einen vollen An- und Abreisetag einplanen. Die Insel selber kannst du in zwei Tagen erkunden. Unter anderem die genannte Unterkunft bietet geführte Tages-Touren durch die Nord- bzw. Süd-Hälfte der Insel an. Auf jeden Fall empfehle ich, mindestens einen Tag einfach die Seele baumeln zu lassen und die Magie des Schamanenfelsens zu genießen.
- Wie reise ich an?
➟ Mit der Marschrutka/ dem Minibus. Ich habe gute Erfahrungen mit der direkten Buchung über mein Hostel in Irkutsk gemacht. Das Hostel bucht dir Tickets, und du wirst inklusive Fährfahrt von Tür zu Tür gebracht. Kosten (Stand 2016): 1000 Rubel (~14 €).
Eine gute Übersicht zu den unterschiedlichen Optionen findest du auf ➟russland-erleben.com
- Wo kann ich übernachten?
➟ Nikita´s Homestead bietet gemütliche Zimmer in Holzhäusern, inklusive authentischem Frühstück und Abendessen (➟zur Website)
➟ auf den einschlägigen Portalen findest du aber noch einige weitere Unterkünfte auf Olchon
- Wo kann ich essen?
➟ Bistro Francais am Homestead bietet auch vegetarisches Essen und frische Salate an. Hier besticht vor allem auch die Atmosphäre
Diese Artikel könnten auch spannend für dich sein:
- Ulan-Ude – Hauptstadt von Burjatien: Wo Lenin auf den Buddhismus trifft
- Mit dem Zug in die Mongolei – Die Transmongolische Eisenbahn
- Jekaterinburg – Ein Blick durch das ‚Fenster nach Asien‘
- Eine Tour durch die Mongolei – 8 Tage im Land der Nomaden
Hinweis: Alle in diesem Artikel beschriebenen Reisen wurden privat finanziert. Ich erhalte keine finanziellen Zuwendungen von in diesem Artikel genannten Unternehmen oder anderen Organisationen.